Haushaltsrede 2011

In ein armes irisches Dorf kommt ein reicher deutscher Tourist und legt dem Hotelier einen 100 € - Schein mit der Bemerkung auf den Tresen: "Ich schaue mir einige der Ferienwohnungen an die sie anbieten, ich weiß noch nicht so recht, ob ich bleibe, hier sind 100 € als Sicherheit für ihre Schlüssel. In einer Stunde bin ich wieder hier und sage Bescheid, ob ich eine der Wohnungen nehme!"

In ein armes irisches Dorf kommt ein reicher deutscher Tourist und legt dem Hotelier einen 100 € - Schein mit der Bemerkung auf den Tresen: "Ich schaue mir einige der Ferienwohnungen an die sie anbieten, ich weiß noch nicht so recht, ob ich bleibe, hier sind 100 € als Sicherheit für ihre Schlüssel. In einer Stunde bin ich wieder hier und sage Bescheid, ob ich eine der Wohnungen nehme!"
Kaum ist der Tourist weg, rennt der Hotelier zu seinem Metzger und bezahlt mit den 100 € die ausstehende Rechnung für die letzte Fleischlieferung. Der Metzger läuft los und gibt dem Bauern, der ihm das Fleisch geliefert hat, endlich sein Geld. Dieser wiederum kann mit dem 100 €- Schein seinen Futterlieferanten bezahlen. Der kann die noch offene Rechnung beim Schneider begleichen. Der Schneider löst seine Rechnung beim Wirt ein, der noch 100 € bei der Dorfprostituierten ausstehen hat. Diese kann jetzt dem Hotelier die Zimmermiete bezahlen. Nach einer Stunde ist der 100 € - Schein so wieder beim Hotelier. Als der reiche Deutsche zurückkommt, liegt der Schein also wieder auf der Theke. Der Tourist hat sich entschieden, er will doch nicht bleiben und nimmt sein Geld wieder mit. Das arme Dorf ist aber innerhalb einer Stunde wieder schuldenfrei.

Bei meiner Rede handelt es sich nicht um eine Doktorarbeit, deshalb möchte ich Quellen nennen. Diese Geschichte erzählte Peter Sloterdijk in der Fernsehsendung "Das philosophische Quartett". Wir sind hier nicht in einer Sendung, die spät nach Mitternacht ausgestrahlt wird und sich philosphischen Fragen widmet. Außerdem ist im Stadtrat für ein Quartett eine Fraktion zu viel. In Irland sind wir auch nicht, aber Schulden bzw. ein Defizit haben wir im städtischen Haushalt schon. Leider sind es nicht nur 100 €, denn da ließe sich bestimmt jemand finden, der diese dem Kämmerer auf den Tresen legt. Uns fehlen immerhin 5 Millionen €, wer sollte uns die schon, wenn auch nur für eine Stunde, zur Verfügung stellen?.
Auch kommen in der Geschichte weder Banken noch Zinsen vor. Dieses Jahr beläuft sich die Zinslast aur rund 5 Millionen €. Jetzt können Sie sich mal ausrechnen, wie viel Fleisch der Hotelier dafür hätte kaufen können ...
Der Vergleich des irischen Mikrokosmos mit dem städtischen Haushalt tut genau das, was jeder Vergleich macht, er hinkt.

Aber schauen wir genauer hin, so könnte man die wirtschaftspolitische Grundposition John Maynard Keynes in dieser Geschichte erkennen. Der Staat investiert in der Rezession, damit die Wirtschaft wieder anspringt und wenn es wieder besser läuft, bekommt der Staat sein Geld zurück. Die Idee des Konjunkturpaketes II ist so zu interpretieren. ABer investieren wir auch nachhaltig?

Es gibt einen hohen Nachholbedarf, da in den letzten 20 Jahren viele notwendige Maßnahmen immer wieder verschoben wurden oder man ganz darauf verzichtete. Man denke nur an die Schule in der Erftaue.
Sieht man sich die statistischen Angaben des Haushaltsplanes an, wird klar, dass bei 22 Schulgebäuden, davon zwölf mit OGS-Räumen, mit dazugehörigen Turnhallen und Sportplätzen, 21 städtischen Kindergärten und 71 Spielplätzen jedes Jahr eine Menge Geld investiert werden muss, um alles in Schuss zu halten. Dazu kommen immer mehr Aufgaben, die durch Umdenken, vor allem in der Familienpolitik, vom Bund auf die Kommunen übertragen werden, aber nicht angemessen mitfinanziert werden. Es sind jeweils nur Anschubfinanzierungen - danach lassen uns Bund und Land allein.
Jede Grundschule hat inzwischen OGS-Gruppen, dafür mussten die Schulen ausgebaut werden. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis alle Schulen zu kompletten Ganztagsschulen werden.
Die nächste Bauoffensive steht uns bei den Kindertagesstätten ins Haus. Im letzten Ausschuss für Generationen und Soziales wurde mitgeteilt, dass durch eine erhöhte Nachfrage im U3-Bereich und einer zu erwartenden erhöhten Nachfrage in den Betreuungszeiten demnächst in der Stadt ungefähr 18 Gruppen fehlen werden. Die müssen erst einmal gebaut werden. Vor allen Dingen aber wo? In der Innenstadt lassen sich so leicht keine geeigneten Grundstücke mehr finden. Hier rächt sich das mit seinem Namen so putzig anmutende KiBiz, denn durch die Schaffung von drei Gruppentypen mit jeweils verschiedenen Betreuungszeiten ist die Anzahl der Gruppen schöngerechnet worden. Auch der schon lange prognostizierte Höhere Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren ist lange Zeit vom Land ignoriert worden.
Im Umwelt- und Planungsausschuss hat der Bürgermeister am Dienstag behauptet, das alles könnten wir bezahlen, wenn es nur das angekündigt freie letzte Kindergartenjahr nicht geben würde. Bislang gab es das nicht, warum haben wir den notwendigen Ausbau also nicht schon längst gemacht? Die Mehrheit im Stadtrat und im Kreistag wollte es nicht und und jetzt versucht man, die Schuld der Landesregierung in die Schuhe zu schieben.
Auch der demographische Wandel wird immer gerne zitiert, um schnell noch ein paar Schulen oder Kindertagesstätten zu schließen oder zumindest schließen zu wollen, wie wir dies in Dom-Esch gesehen haben. Will man ein pädagogisch hochwertiges Angebot, so muss man trotz zurückgehender Kinderzahlen mehr und nicht weniger investieren. Wenn man aber in dieser Situation Schülerinnen und Schüler wie Zahlen behandelt, dann ist das weder Entwicklung noch planvolles Handeln, das pädagogisch geeerdet ist, sondern ein Vorgehen nach dem Setzkastenprinzip. Der Setzkasten war aber in den 70er Jahren in. Und diese "Sparmodelle" kosten uns obendrein viel Geld, wie man am Umbau der Nordschule sieht.
Dazu kommt, dass die schulpolitischen Entscheidungen in Land und Bund unsere Bauplanungen und Bautätigkeiten überholen. Ganztag für alle Schüler und neue Schulformen werden selbst in der Bundes-CDU diskutiert, während wir noch den Schulentwicklungsplan nach alten Vorstellungen beraten.
Das die Hauptschule ein Ausloaufmodell ist, wissen wir nicht erst seit einigen Jahren. Aber was machen wir hier in Euskirchen? Wir denken angemessen zu reagieren, wenn wir erst eine und jetzt auch noch die zweite von drei Hauptschulen schließen. Wie lange wird sich die dritte noch halten können= Dann haben wir nur noch Realschulen und Gymnasien und werden den Schülerinnen und Schülern immer noch nicht gerecht. Der Bedarf für andere Schulformen wird nicht einmal ermittelt.
Die Diskussion um eine weitere Gesamtschule im Kreis, nämlich hier in Euskirchen wäre nötig, damit dieser Dilettantismus endlich aufhört. Wir hinken der Entwicklung immer hinterher, das kommt uns auf Dauer teuer zu stehen. Und es geht auf Kosten der Jugendlichen.

Die Zusammenlegung der beiden Förderschulen soll jetzt auch so hopplahopp beschlossen werden, vorgeblich zur Rettung des Casinos. die 90 000 €, die für den weiteren Ausbau des Casinos benötigt werden, lassen sich auch anders finanzieren. Unser Vorschlag wäre, auf den Ausbau der Wirtschaftswege (50 000 €) und die Erneuerung der Stützmauer des Mitbaches am Tuchmacherweg (78 000 €) vorläufig zu verzichten.

Angesichts des Nothaushaltes muss die Stadt auch auf weitere freiwillige Aufgaben verzichten. Die Musikschule hat in ihrem Haushaltsplan dargestellt, dass ie mehr als die 280 000 € bräuchte. Wir hätten ihr gerne mehr Geld zugestanden, vor allem in diesem Jahr, in dem die Musikschule ihr 40. Jubiläum feiert. Auch der Antrag der Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und Familienplanung wird wahrscheinlich wie in den letzten Jahren wieder negativ beschieden.

Die Stadtranderholung ist für dieses Jahr sichergestellt. Leider kann das neue Konzept frühestens nächstes Jahr umgesetz werden. Uns wäre das besonders wichtig. Im Gegensatz zu Dagobert Duck baden wir eben nicht im Geld, obwohl wir zumindest in der Innenstadt gerne wieder baden gehen würden. Seit 2006 ist das Hallenbad geschlossen, das Freibad ist seit vier Jahren zu. Jetzt wurde uns als Ende der Trockenzeit Dezember 2012 genannt. Wer weiß, ob diese Zusage eintrifft, wir glauben schon lange nicht mehr daran. Wir gehen nun ins Jahr fünf ohne Schwimmbad.

Nun machen der Bildungsbereich und der soziale Bereich nicht das gesamte Leben in der Stadt aus. Aber als weiche Standortfaktoren spielen sie in der Stadtentwicklung angesichts zurückgehender Einwohnerzahlen in ganz NRW eine große Rolle. Die Entscheidung einer jungen Familie in eine Stadt wie Euskirchen zu ziehen, ist doch vor allem davon abhängig, ob hier die Betreuung und die Beschulung der Kinder gut ist. Junge Familien möchte die Stadt doch gerne zum Umzug hierhin gewinnen. Die Stadtplanung kann hier mit dazu beitragen. Aber die Entwicklung in Euskirchen sieht anders aus. Man hofft durch Gentrifizierung Bereiche in der Stadt vor allem attraktiv für wohlhabende Neubürger zu machen.

Der Verkauf der Anteile an der Eugebau wird zum Glück nicht weiter verfolgt. Auch die bisherigen Ergebnisse des Prüfauftrages der CDU, ZIM in die Eugebau zu integrieren, haben uns bis heute nicht überzeugt. Beide Bereiche können vielleicht bei verschiedenen Projekten kooperieren, um Synergieeffekte zu nutzen, aber eine Aufgabe von ZIM erscheint uns nicht sinnvoll. Zumal durch ZIM und den dort angestellten Energiebeauftragten schon lange Jahre gute Arbeit für die Klimabilanz geleistet wird.

Zu dem wichtigen Themenkomplex Energiewende ist vorhin unter dem TOP des SPD-Antrages schon viel gesagt worden. Gesagt haben wir noch nichts zum Kämmerer und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ihnen gilt wie jedes Jahr unser Dank.

Dass die Steuerhebesätze dieses Jahr wieder nicht angehoben werden, können wir nicht gutheißen. Seit Jahren wird in allen Bereichen gespart, kaum ein Haushaltsposten bleibt verschont, nur die Steuerhebesätze gelten als heilige Kuh.

Was wir wollen:

- Eine Schulentwicklung, der man die Entwicklung auch ansieht.

- Eine Kinderbetreuung, die es den Eltern wirklich ermöglicht Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren.

- Ein Kulturangebot, das allen ermöglicht, Teilhabe am kulturellen Leben zu haben.

- Eine Eugebau, die den demographischen Wandel in der Stadt konstruktiv begleitet.

- Eine Energiepolitik, die die Wende in Berlin unterstützt.

- Eine weitsichtige, nachhaltige Stadtplanung, die die Belange aller Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt.

- Endlich ein Schwimmbad in der Innenstadt.

Was wir nicht wollen: diesen Haushalt. Bündnis 90/Die Grünen lehnen daher den Haushalt 2011 ab.