Haushaltsrede 2015

Euskirchen hat einen guten Draht zum  WDR. Wir werden dort mehrmals täglich genannt. Zwar nur in den Verkehrsnachrichten, aber immerhin, der Name prägt sich ein. Doch letztens gab es ganz anderes über Euskirchen zu hören: In der „Unterhaltung am Wochenende“ erzählte ein Kabarettist folgende Geschichte: Er sei zu einem Auftritt im Stadttheater nach Euskirchen gekommen. Eine schöne Stadt, aber auf der Bühne des Stadttheaters habe sich Folgendes zugetragen. Dort habe ein herrlicher Flügel gestanden, den er gerne benutzen wollte. Man hatte ihm im Vorfeld gesagt, er solle sein eigenes E-Piano mitbringen. Als er nun den Flügel sah, fragte er den Hausmeister, ob er nicht auf den Flügel spielen könne, sein altes, klappriges E-Piano habe bei weitem nicht solch einen guten Klang. „Das geht nicht! Der Flügel ist gerade erst gestimmt worden!“ sei die barsche Antwort des Hausmeisters gewesen. Warum ich die Geschichte erzähle? Mir kommt es so vor, als ob die Haushaltspolitik in der Stadt in den letzten Jahren analog verliefe.

Euskirchen hat einen guten Draht zum  WDR. Wir werden dort mehrmals täglich genannt. Zwar nur in den Verkehrsnachrichten, aber immerhin, der Name prägt sich ein. Doch letztens gab es ganz anderes über Euskirchen zu hören:

In der „Unterhaltung am Wochenende“ erzählte ein Kabarettist folgende Geschichte:

Er sei zu einem Auftritt im Stadttheater nach Euskirchen gekommen. Eine schöne Stadt, aber auf der Bühne des Stadttheaters habe sich Folgendes zugetragen. Dort habe ein herrlicher Flügel gestanden, den er gerne benutzen wollte. Man hatte ihm im Vorfeld gesagt, er solle sein eigenes E-Piano mitbringen. Als er nun den Flügel sah, fragte er den Hausmeister, ob er nicht auf den Flügel spielen könne, sein altes, klappriges E-Piano habe bei weitem nicht solch einen guten Klang. „Das geht nicht! Der Flügel ist gerade erst gestimmt worden!“ sei die barsche Antwort des Hausmeisters gewesen.

Warum ich die Geschichte erzähle? Mir kommt es so vor, als ob die Haushaltspolitik in der Stadt in den letzten Jahren analog verliefe.

Wir schaffen für viel Geld einen Konzertflügel an, lassen ihn für viel Geld stimmen, haben auch jemanden, der darauf spielen möchte und stellen ihn dem Pianisten dann nicht zur Verfügung.

Aber die Infrastruktur einer Stadt ist gleichbedeutend mit den Möglichkeiten einer Stadt. Eine Stadt lebt ja gerade davon, erhält ihr Gesicht, wenn ihre Infrastruktur genutzt wird.

Dieses „Flügelsyndrom“  zeigt sich bei der Entscheidung gegen einen Neubau der Gesamtschule und für den Umbau der Realschulgebäude. Es tritt wieder auf bei der Entscheidung für die „kleine“ Lösung für eine Turnhalle ohne Tribüne, ist bei der Kürzung der Stelle für die Gleichstellung auf 40 % zu beobachten, lässt sich bei der Unterbringung von Flüchtlingen  diagnostizieren. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Natürlich, wenn das Geld knapp ist, muss man jeden Cent dreimal umdrehen. Die Haushaltslage unserer Stadt hat sich nicht besonders gebessert. Immer mehr Transferleistungen müssen gezahlt werden, daher rührt auch die gestiegene Kreisumlage.

Wer den kürzlich veröffentlichten Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes gelesen hat, weiß um das traurige Rekordhoch, das wir in Deutschland erreicht haben. 15,5 % der Bevölkerung, in Zahlen 12,5 Millionen Menschen sind von Armut betroffen:  Vor allem Erwerbslose (60 %), Alleinerziehende (40 %), Kinder (19,2 %) und Senior*innen (15,2 %). Die Zahlen in der letzten Gruppe sind seit 2006 viermal so stark gewachsen. Keine andere Bevölkerungsgruppe zeigt eine rasantere Armutsentwicklung.

Dies bringt steigende Transferleistungen mit sich und die müssen die Kommunen größtenteils alleine schultern.

Es fehlt  weiterhin an finanzieller Unterstützung durch das Land und den Bund. Zitat IHK: „Die Daten im Haushaltsentwurf unterstreichen insoweit die strukturellen Unzulänglichkeiten der aktuellen Gemeindefinanzierung.“ Und schwarze Nullen lassen uns da keinen Spielraum.

Ehrlich gesagt, die Versuchung, eine alte, bereits gehaltene Haushaltsrede zu nehmen und sie als die neue, aktuelle zu verkaufen ist groß. Was hat sich denn geändert in den letzten zwölf Monaten?

Wir haben nach wie vor kein Geld.

Und da kommt man schon auf abenteuerliche Ideen.

Es kommt inzwischen sogar so weit, dass über das Ehrenamt Aufgaben, die eigentlich die Stadt übernehmen müsste, von Bürgerinnen und Bürgern geleistet werden. Und selbst die Bürgerinnen und Bürger, die schon einen Großteil ihrer „Freizeit“ investieren, versuchen im Bereich der freiwilligen Aufgaben Angebote aufrecht zu erhalten. Die „Kulturnacht“ ist ohne den Beitrag ehrenamtlicher Helfer*innen kaum noch am Leben zu erhalten. Der Integrationsrat soll durch die Organisation der Viehplätzchen-Fußball-Weltmeisterschaft vor Ort selbst dafür sorgen, dass Integration gelingt. Es kommt noch so weit, das jeder von uns ein Brikett mit zur Ratssitzung bringen muss, um dem Bürgermeister ordentlich einzuheizen. Nach dem Krieg war das in den Schulen ja so üblich.

Aber das Ehrenamt ist inzwischen so anspruchsvoll geworden, dass die dort Tätigen gerne Weiterbildungsangebote  annehmen, um die Aufgaben bewältigen zu können. Dafür muss allerdings auch Geld zur Verfügung gestellt werden. Der Integrationsrat hat dies in seinem Positionspapier deutlich formuliert.

Das Ehrenamt ist eine zarte Pflanze und nicht der Selbstbedienungsladen des Bürgermeisters.

Wenn uns jetzt die Demographiebeauftragte Frau Burkhardt zum 01.04. verlässt, um als Beigeordnete in Brühl zu arbeiten, wird ihre Nachfolgerin bei der Dreifachbelastung  dieser Stelle (Gleichstellung, Demographie und Seniorenarbeit) sicherlich schnell merken, welche Sisyphosarbeit es hier zu stemmen gilt. Alle drei Bereiche verdienten für sich jeweils eine ganze Stelle. Dies kostet Geld und woher nehmen, ist bei solchen Forderungen schnell von der Gegenseite zu hören. Das aber ein intensives Engagement in allen drei Bereichen der Stadt nicht nur zufriedenere Bürger*innen beschert, sondern sich auch positiv auf  der Ausgabenseite bemerkbar macht, wird außer Acht gelassen. Wir haben die Stelle besetzt, aber sie ist so überfrachtet mit Aufgaben, dass niemand so richtig etwas davon hat. Das Flügelsyndrom.

Dort laufen doch die Fäden zusammen. Gute Gleichstellungspolitik ist nicht nur wichtig für die betroffenen Frauen und Männer, die Beruf und Familie vereinbaren wollen, sondern auch wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung in unserer Stadt. Viele Potentiale liegen brach, weil der Wiedereintritt in den Beruf oft nur stotternd verläuft.

Viele Alleinerziehende, meistens Frauen, sind von Armut bedroht. Sie sind auf staatliche Transferleistungen angewiesen und bräuchten Starthilfe, um wieder selbstständig und selbstbewusst ihr Leben gestalten zu können.

Senior*innen in unserer Stadt wollen nicht länger zum alten Eisen gehören, sondern im Alter noch aktiv sein, sie wollen nicht nur ihren Hobbys nachgehen, sondern sich sozial, ehrenamtlich engagieren.

Auch das Thema Wohnen im Alter ist aktuell wie nie. Solange wie möglich selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden zu bleiben ist für viele Senior*innenen ein wichtiges Ziel. Hier müssen Wege aufgezeigt werden und neben der Demographiebeauftragten die Stadtplanung und die Baugesellschaft aktiv werden.

Die mit viel Schwung begonnene Demographiearbeit braucht weiterhin fachmännischen / fachfraulichen Input und den mit ganzer Stelle.

Wir werden immer weniger, immer älter und immer bunter war die Parole, unter der wir alle in die Vorstellungen der Demographie eingeführt wurden.

Bunter? Schwarz-Weiß-Denken (Flügel) ist an der Tagesordnung. Bürger*innen mit Migrationshintergrund werden eher als Bedrohung gesehen, denn als Bereicherung. Der nachvollziehbare Wunsch der muslimischen Bevölkerung eine Moschee in Euskirchen zu bauen, wird regelmäßig verhindert. Ein städtisches Grundstück nach dem anderen wird dann (doch) für noch wichtigere Zwecke gebraucht. Natürlich sind Kindertagesstätten, Feuerwachen und Flüchtlingsunterkünfte wichtig. Aber die Hinhaltetaktik in Bezug auf das Grundstück geht so nicht auf, der Stadtrat und die Verwaltung müssen sich entscheiden. Unterstützen wir endlich die Türkisch Islamische Gemeinde und vertrösten wir sie nicht auf den St. Nimmerleinstag!

Die Unterkünfte für die Flüchtlinge werden nach dem Prinzip „was rechnet sich für uns“ ausgesucht und nicht nach den Lebensnotwendigkeiten der Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind. Feste Bauweise, Wohnungen und Häuser, in denen Familien angemessen wohnen können, wären geeignete Unterkünfte. Diese könnten später (der Zeitpunkt kommt hoffentlich irgendwann) dann in bezahlbaren Wohnraum umgewandelt werden, an dem es in Euskirchen auch mangelt. In Palmersheim ist dies  mit den Übergangshäusern bereits mit Erfolg praktiziert worden, aber warum sollte man ein gut laufendes Projekt noch einmal wiederholen? Auch hier zeigen wir uns wiederum flügellahm.

Um den Flügel zu schonen sollten wir am besten nur noch die schwarzen Tasten spielen. Obwohl - die SPD macht das bereits, indem sie ohne Not Anträge der CDU mitträgt und Opposition damit verunmöglicht.

Verunmöglicht wurde damit auch der Neubau einer Gesamtschule auf dem Gelände von City-Süd. Dort hätten wir die auch die Möglichkeit gehabt, gleichzeitig eine Dreifachturnhalle mit Tribüne und ausreichendem Parkraum (Parkhaus) zu bauen. Jetzt bleiben wir mit dem Umbau der Realschulgebäude und der „kleinen“ Turnhallenlösung wieder hinter unseren Möglichkeiten zurück. Viel Geld für eine drittklassige Lösung. Und noch mehr Geld für eine Turnhalle, die gerade mal für den Schulsport ausreicht. Die vom Vorsitzenden des Stadtsportbundes vorgeschlagene Lösung aus Versmold wurde vom Bürgermeister im gemeinsam tagenden Schul- und Sportausschuss als eine nicht ernstzunehmende abgelehnt.

In Versmold ist eine Zweifachturnhalle, die so auch als Dreifachturnhalle gebaut werden könnte, mit 800 Tribünenplätzen für 3 Millionen gebaut worden. Bei uns ist dies nicht möglich? Wir sind sogar bereit, 6 Millionen für die „Einfachturnhalle“ auszugeben. Wir hätten eine Turnhalle für alle und alles haben können, für den Schulsport der Gesamtschule, für die Vereine und als Mehrzweckraum / Aula für die Gesamtschule.

In Zusammenhang mit dem Fachbereich Schule auf die never-ending Story der PCB Belastungen an der Marienschule einzugehen, bringt nicht viel. Es wurde und wird viel Geld ausgegeben und der Erfolg bleibt aus.

Erfolgreicher könnten die Schulen arbeiten, wenn die Stellen für Schulsozialarbeit aufgestockt würden. Auch hier ist eine Investition nachhaltiger, als später die Folgen aufzuarbeiten.

Aber der Erfolg in der Schule ist auch abhängig von der pädagogischen Arbeit, die vorher im Elementarbereich geleistet wird. Die Gleichstellungsbeauftragte geht in ihrem Bericht auf die Vertragsgestaltung bei Neueinstellungen im Kita-Bereich ein. Durch Befristungen auf ein Jahr werden nicht nur besonders qualifizierte weibliche sondern auch männliche Bewerber davon abgehalten, sich hier zu bewerben. „Die Vergabe von unbefristeten Arbeitsverträgen bei Neueinstellungen macht nicht allein unter Gesichtspunkten der Frauenförderung Sinn, unbefristete Arbeitsverträge könnten gleichzeitig zu einem Qualitätsgewinn bei der Kindererziehung in Euskirchen beitragen.“  Die Gleichstellungsbeauftragte  spricht von einer „notwendigen Aufkündigung der Abwertung von typischen Frauenberufen“. Natürlich sind uns bei der Entlohnung in diesem Berufszweig die Hände gebunden, aber durch die Einstellungspraxis erfährt dieser Bereich eine weitere Entwertung.

Und diese Praxis führt auch zu einer hohen Fluktuation. Ein häufiger Wechsel der Bezugspersonen ist gerade für kleine Kinder problematisch.

Auch die Bezahlung der Kräfte im OGS-Bereich liegt in Euskirchen zwar im Kreisdurchschnitt, aber im Vergleich mit anderen Kommunen liegt Euskirchen im unteren  Drittel. Deshalb sind ja auch die Verträge von den anderen Anbietern gekündigt worden. Diese hatten bereits frühzeitig eine Selbstverpflichtung, einen Mindestlohn zu zahlen. Und jetzt hat man sich für einen Anbieter entschieden, der günstiger ist und sich als „quasi kirchlicher“ Träger in Bezug auf das Arbeitsrecht an die Vorgaben der katholischen Kirche hält. Dies fand schon im Ausschuss nicht unsere Zustimmung.

Unsere Zustimmung findet auch nicht das Vorgehen in Bezug auf Bürgerbeteiligungen. Im letzten Umweltausschuss zeigte die Behandlung des Bebauungsplans Nr. 12 in Flamersheim , dass sich die Verwaltung weder nach den Vorgaben des Ausschusses richtet, noch sich an den begründeten Wünschen der Bürger*innen orientiert. Jetzt wird dort eine erneute  eine Bürgerversammlung durchgeführt, aber diesmal mit zwei Varianten. Das hätte man auch schon früher haben können. Wie ernst man die Bedenken der Bürger*innen nimmt, zeigt sich genau an diesem Bebauungsplan. Die Stellungnahme der Umweltbehörde des Kreises, die explizit auf die „Lex-Euskirchen“ hinweist, wird den Ausschussmitgliedern als problemlos dargestellt. Aber der Kreis hat nur attestiert, dass die Geruchsbelästigung unter 10 % liege.

Wir erinnern uns alle, dass vor Jahren in Euskirchen die Entscheidung getroffen wurde, als „Geruchsobergrenze“ maximal 5 % zuzulassen. Dadurch sollten den Bürger*innen suggeriert werden, die Stadtverordneten nähmen die Ängste und Sorgen der Bürger*innen ernst. Wenn dem wirklich so wäre, hätte man für diesen Bebauungsplan ein eigenes Gutachten erstellen lassen müssen. Aber was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?

Der Personalrat hat in seiner Stellungnehme zum Entwurf des Stellenplanes darauf hingewiesen, dass die personelle Situation angespannt bleibt. Durch den Ausfall von langzeiterkrankten Mitarbeitern fallen Überstunden und  Mehrarbeit an, die nicht kompensiert werden können. Darüberhinaus fehlen Planstellen in der Feuerwache.

Die Einrichtung eines Vertretungspools bei den technischen Diensten wird vorgeschlagen. Zur Zeit werden dort die Lücken über eine Zeitarbeitsfirma mit „Leiharbeitern“ gefüllt. Dies findet nicht unsere Zustimmung. Auch die Gleichstellungsstelle sollte nach Stellungnahme des Personalrates wieder mit einer ganzen Stelle besetzt werden.

Der Kämmerer, dem wir hier mit seinen Mitarbeiter*innen für die konstruktive Zusammenarbeit danken möchten, hat uns bei den Haushaltsberatungen erläutert, wie dünn die Personaldecke in der Kämmerei ist.

Den aufmerksamen Zuhörer*innen wird sicherlich nicht entgangen sein, dass die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen mit diesem Haushaltsentwurf nicht zufrieden ist.

Wir stimmen dem Haushaltsentwurf 2015 nicht zu.

Dorothee Kroll

Fraktionssprecherin Bündnis 90 / Die Grünen

(Es gilt das gesprochene Wort.)